The abarian point
by Hans Castrup
In physics, the 'abarian' (or 'abaric') point designates the point between two masses at which their respective gravities cancel each other out (for example between planets). Similarly, the music on this album aims at creating a parallel universe (or, as the long final track has it: “a kind of world”) where Erik Satie and cool jazz, language and nonsense, hauntological radio noises and crystalline piano chords travel their unpredictable paths like quirky asteroids, creating a dizzy, weightless feeling of slight disorientation at the abarian point where these associations intersect in the brain-space between the listener's ears.
Hans Castrup's artistic practice encompasses painting (as seen on the sleeve of this album), writing, sound installations, and radio art. Besides releasing his sonic art on albums and in radiophonic compositions, he has also used them as sound installations to accompany his paintings. Castrup's sound work is always about creating spaces in which listeners can move around freely to find their very own abarian point – both in a concrete and in a metaphorical sense, as the poetic texts used in his compositions (mainly performed by vocalist Carla Worgull, who is also featured on this album) are often exercises in cancelling out fixed meanings. On this album, Castrup even goes one step further in this direction by not using Worgull's voice for signifiying speech in the first place, but as a source of sound without words, as a „scream machine“ (as in the subtitle of track 5, „Schrei-Maschine“).
File under: ambient, sound art
ACU 1058
factory-produced CDr in Digisleeve
Released in 2023
limited to 50 copies
price: 10.00 EUR (excl. postage)
Hans Castrup:
Analog, electric, digital Pianos, Korg MS 20, digital Synths, digital effects, tapes, radio, wineglass, fieldrecordings
Carla Worgull:
Digital processed voices on 4, 5 & 6
Recorded 2022/23
Mastering – Martin Englert
Artwork – Hans Castrup
Design – EMERGE
hanscastrup.bandcamp.com
Also available here: http://www.discogs.com/seller/dependenz?sort=price&sort_order=asc&q=attenuation+circuit&st
WESTZEIT
Über Karlrecords habe ich auch HANS CASTRUP kennen- und schätzen gelernt. Der nicht nur musikalisch, sondern auch als bildender Künstler und Lyriker tätige Westfale hat mit "The abarian point" eine auf ganze 50 Stück limitierte "factory-produced CDr in Digisleeve" am Start, auf der in 6 Teilen jener geheimnisvolle Punkt umkreist wird, an dem sich die Anziehungskräfte zweier Massen ausgleichen. In den ersten Abschnitten findet sich da im elektronischen Murmeln auch eine freie, neutönerische KlavierLinie, "part III" z.B. klingt zwischen allen ElektroDekorationen schön nach Donaueschingen. Ab "part IV" wird die TonGestaltung mehr und mehr zu einer klaustrophoben NoiseCollage, zu einer vielgestaltigen KlangSkulptur mit KlavierSplittern und (ganz besonders bei "part V – Die Schreimaschine") Carla Worgulls teilweise komplex-digital prozessierter, zerbrochene oder überdehnte Worte zu SoundBausteinen werden lassender (manchmal aber auch wieder an Neue Musik-Experimente angelehnter) Stimme: it is a kind of - it is a kind of - No! No! Diese tatsächlich um den abarischen Punkt zwischen Hochkultur und underground oszillierende KlangKunst ist wirklich hörenswert! 5
https://www.westzeit.de/rezensionen/?id=23792
BAD ALCHEMY
HANS CASTRUP hat zu „20“ 'bearbeitung' beigesteuert. Bei seinem The abarian point (ACU 1058) höre ich Alexander Kluge: Die Künste haben ein großes Reservoir an Vorstellungskraft. Sie verstehen etwas von Heterotopie. Sie können beobachten. Man kann mit ihrer Hilfe Punkte aufspüren, wie sie dem abarischen Punkt zwischen Erde und Mond entsprechen, wo sich die Gravitationskräfte gegenseitig aufheben... 2022 riet er, ganz Anwalt von Putin als sich rächender (weil nicht eingeladener) 13. Dornröschen-Fee, den abarischen Punkt zwischen ihm als gereiztem Löwen und der toxischen Militanz der Ukrainer auszutarieren, indem man diese nicht unterstützt und Russland nicht sanktioniert. Selbst wenn Kluge dabei das Grauen der 'bulgarischen' und 'abarischen' (!) Schlächtereien in Voltaires „Candide“ mit im Sinn hat, impliziert nicht der 'gewaltlose Punkt' im Lebensraum der leichteren Masse eine Schlächterei ohne Gegenwehr? Zumal Putin explizit angekündigt hat, 'Dornröschen' zu vergewaltigen (ob es ihr gefällt oder nicht). Hat Castrup das nicht schon mit „2058 – Schlachthäuser. (Alles : Nichts = Möglich)“ [BA113] gestreift? In vier Schritten führt der Multimediakünstler in Bramsche nun hin zu 'Schrei-Maschine' – mit Carla Worgull als künstlicher Babylonierin mit Fehlfunktion. So wie er sich von Magritte („Ceci n´est pas un piano“) über Bergman („Das siebte Siegel“) zu Wittgenstein („The world is all that is …“) geschlängelt hat, transgressiv und im konstanten Ungleichgewicht, mündet seine mit analog, electric, digital Pianos, Korg MS 20, Synths, effects, tapes, radio, wineglass, fieldrecordings entfaltete Klangwelt auch hier in 'A kind of world'. In einem Container-Raumschiff als Wunderkammer im Schwerelosen, in der kristalline Kälte nicht schneidet, Marsyas nicht blutet, Arachne keine Spinne ist. Wo sich für Musik und Sprache noch kein Dompteur fand. Polymorphe Klänge sirren, taumeln, klirren in dröhnenden Schlieren und perkussiver Erratik. Worgull stammelt No No No, doch die Babylonik greift um sich und wächst.
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